BIOGRAFIE und KÜNSTLERISCHE LAUFBAHN

Im Mai 1970 wurde ich in Wien geboren. Nach einer zu spät durchgeführten Operation habe ich mit knapp einem Jahr fast meine gesamte Sehkraft verloren. Dafür besitze ich aber eine andere Gabe: ich habe das absolute Gehör. Schon in meiner frühesten Kindheit konnte ich Melodien auf dem Klavier richtig nachspielen. Meine Familie hat mein musikalisches Talent frühzeitig erkannt und nach den gegebenen Möglichkeiten gefördert. So erhielt ich schon vor der Schule und im Volksschulalter klassischen Klavierunterricht. So einfach, wie das heute klingt, war das damals nicht. Es gibt zwar eine Notenschrift für Blinde, aber kaum Menschen, die sie beherrschen. Meiner Klavierlehrerin möchte ich hier noch einmal danken. Sie hat mir mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen das technische, handwerkliche Rüstzeug für meinen Beruf beigebracht. Da auch sie die Blindennotenschrift nicht beherrschte, habe ich von Anfang an nur nach Gehör gespielt.

Ab dem dritten Lebensjahr besuchte ich den Kindergarten. Weil es in einem Kindergarten der Gemeinde Wien eine äußerst engagierte Kindergärtnerin gab, konnte ich in eine „ganz normale“ Gruppe gehen. Tante Brigitte hat es wunderbar verstanden, den kleinen, praktisch blinden Walter in die Gemeinschaft der sehenden Kinder zu integrieren. Ganz selbstverständlich und spielerisch lernten wir alle den richtigen Umgang miteinander. In der Schule ging es dann nicht mehr so einfach weiter. Mein Sehvermögen reichte für den Besuch der Sehgestörtenschule nicht aus und so absolvierte ich Volks- und Hauptschule im Halbinternat im Bundesblinden-Institut in Wien.

Als es dann um die Berufswahl ging, stellte sich heraus, dass es für Blinde da nicht allzu viel Auswahl gibt. Stenotypie und Telefonie waren mir zutiefst zuwider, also blieb eigentlich nur noch die Korbflechterei. Ein schöner und kreativer Handwerksberuf – ohne Chancen. Dennoch habe ich diese Berufsausbildung abgeschlossen, obwohl mir immer klar war, dass ich unbedingt etwas mit Musik machen möchte.

Mit 11 Jahren konnte ich das erste Mal schnuppern, wie es ist, vor Publikum zu spielen. Und das war damals gleich ein sehr großes Publikum! Eine Nachbarin in dem Wiener Gemeindebau, in dem ich mit meiner Mutter wohnte, hat uns so lange gedrängt und bekniet, bis wir zum Vorspielen für die Talentesendung „Die große Chance“ gefahren sind. Heute würde man das als Casting-Show bezeichnen. Ich habe der Jury damals erst einmal ein Lied vorgespielt. Das hat offenbar so gut gefallen, dass ich aufgefordert wurde, mehr zu spielen. Fast eine Stunde lang hat dieses Vorspielen gedauert. Am nächsten Tag wurde uns telefonisch mitgeteilt, dass ich in der Sendung im Jänner 1982 mit dabei sein soll. Es gab einige Proben vorher und diese und natürlich die Sendung selber waren sehr aufregend. Ich spielte drei Stücke, eines davon mit Richard Österreicher und der ORF-Big Band. Im Anschluss daran haben sich einige Möglichkeiten für verschiedene Auftritte ergeben und ich bekam sogar ein Klavier geschenkt.

Immer wieder besuchte ich mit meiner Mutter das Wiener „Jazzland“, wo ich des Öfteren mit den dort auftretenden Künstlern musizieren konnte. Das hat mir immer viel Spaß gemacht. Mit Axel Zwingenberger vierhändig zu spielen oder gemeinsam mit Eric Trauner und der Mojo Blues Band eine Session zu veranstalten, war schon toll.

An einen Auftritt erinnere ich mich mit gemischten Gefühlen. Es war ein gemeinsames Konzert mit Ray Charles im Kongresshaus in Bad Gastein geplant. Am Nachmittag haben wir zwei Stunden lang vor einem kleinen, prominenten Publikum miteinander musiziert und auch vierhändig Klavier gespielt. Der Konzerttermin am Abend allerdings platzte wegen unvorhergesehener Unstimmigkeiten zwischen dem Veranstalter und dem Management von Ray Charles. Ich bestritt den Auftritt allein und erntete viel Applaus und eine schöne Gage. Der Veranstalter kam noch am selben Abend zu uns aufs Zimmer und versprach, mein Management zu übernehmen und mich zu einem Star zu machen. Schon bald stellte sich heraus, dass dieser Herr ein Schaumschläger war und seine und meine Vorstellungen von einer Musiker-Karriere gingen weit auseinander. Es wurde nix aus dem neuen Star – und das ist gut so.

Nach Abschluss meiner Berufsausbildung suchte ich nach Auftrittsmöglichkeiten und fand schließlich ein Lokal im Wiener „Bermuda-Dreieck“, in dem ich fast zwei Jahre lang regelmäßig gegen mäßige Bezahlung spielte und sang. Im Laufe der Zeit trat ich noch in mehreren Szene-Lokalen in der Wiener Innenstadt auf. Von dort weg wurde ich immer öfter für diverse Veranstaltungen gebucht. So vergingen die Jahre…

In der Zwischenzeit hatte ich geheiratet und die Ehe war nach einigen Jahren wieder geschieden worden. Ich habe Wien den Rücken gekehrt und mich in Linz niedergelassen, wo ich mich wohler fühle und die Menschen fröhlicher, freundlicher und verbindlicher sind. Mit Hilfe der Evangelischen Versöhnungskirche Dornach / Auhof (http://www.evgem-dornach.org/index.html) konnte ich meine erste CD auf den Markt bringen, der noch zwei weitere folgten. Seit Jahren spiele ich regelmäßig mindestens einmal wöchentlich, meistens am Samstag zwischen 15.00 und 17.00, auf der Linzer Landstraße zwischen dem Taubenmarkt und der Mozartkreuzung.

Besucht mich doch einmal – ich würde mich freuen. Auch ein Eintrag in meinem Gästebuch wäre nett.